Der Weg zur Allerrenaturierung

Wie alles anfing

 

Die Geschichte der Stadt Verden ist unweigerlich mit der Aller verbunden. Bereits die Römer berichteten im Zuge ihrer Erkundungen über den Fluss, der nordwestlich von Verden in die Weser mündet. Als Transportweg wurde der Fluss für die Schifffahrt im Laufe von Jahrhunderten ausgebaut und lieferte den Anwohnern die Kraft zum Betreiben von Wassermühlen. Ebenso nutzten die Anwohner den Fischreichtum und noch vor einhundert Jahren hatte der Lachs als Armeleutemahlzeit einen festen Platz auf ihrem Speiseplan.

Der Fluss hatte aber auch seine Tücken und die Menschen an der Aller entwickelten Pläne, um den Fluss mit seinen Überschwemmungen zu bändigen. Deiche wurden angelegt, Ufer befestigt sowie Schleusen und Stauwehre zur besseren Schiffbarkeit angelegt. All diese Maßnahmen veränderten sowohl den Fluss als auch dessen Flora und Fauna einschließlich der Aue.

In den 1980er entstanden erste Pläne, um die Folgen der menschlichen Eingriffe zu korrigieren. Die Umsetzung dieser Ideen, wie den Rückbau der befestigten Ufer, scheiterte oft an den Vorgaben der Behörden, denn schließlich war die Aller von Verden bis Celle eine Bundeswasserstraße. Einer der Pioniere des NABU Kreisverband Verden e.V. war Gerhard Intemann aus Westen. Für den NABU Kreisverband Verden e.V. war eine Flussrenaturierung Neuland. Der NABU, der aus dem Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) hervorgegangen war, beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Vogelwelt. Die Gewässer waren das Gebiet der Angler. Gerhard Intemann organisierte erste Treffen mit den betroffenen Landkreisen Celle und Soltau/Fallingbostel, um sich auszutauschen.

Auch der Verein der Sportfischer Verden e.V. machte sich Sorgen um die Zukunft der Aller sowie den alten Allerarm bei Verden, der ein wichtiges Laichgewässer ist. 

Im Jahr Jubiläumsjahr 2008 sprachen Mitglieder des Angelvereins Verden den NABU auf einen Anschluss der Alten Aller im Oberlauf an die Aller an, um eine Verlandung zu vermeiden. Rolf Göbbert und Sylke Bischoff nahmen die Idee der Angler zum Anlass, um Pläne zur Renaturierung der gesamten Aller zu entwickeln.

Der NABU suchte das Gespräch mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Verden, mit dem NLWKN und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Es wurden Vorträge über die Renaturierung der Ems sowie der Havel organisiert. So wurde gezeigt, dass Verbesserungen der Gewässer möglich und finanzierbar sind. Ebenso wurden die Vertreter der beiden Landkreise Celle und Heidekreis ins Boot geholt, um die Vision in die beiden südlich gelegenen Landkreise zu tragen. Da eine Schutzgebietsausweisung der Aller im Gespräch war, konnte der NABU in den Jahren 2013 und 2014 die Vertreter der CDU und der Landwirtschaft im Heidekreis für eine Allerrenaturierung gewinnen. Zu den Unterstützern zählte der damalige Bundestagesabgeordnete Reinhard Grindel. Nachdem der Umfang der Arbeiten immer größere Ausmaße annahm, konnte man den NABU-Bundesverband für die Allerrenaturierung begeistern. Mit deren neue Gewässerreferentin Julia Mußbach wurden u.a. weitere Treffen der drei Kreisverbände organisiert und im Jahr 2015 hat der Bundesverband erstmalig zum Aller- Akteursforum eingeladen. Die Allerforen finden in unregelmäßigen Abständen statt, um alle Beteiligten aus Politik und Verwaltung sowie die betroffenen Organisationen an einen Tisch zu holen und in das Projekt einzubinden. 

Nach dem ersten Akteursforum 2015 gründete sich eine Projektgruppe, bestehend aus verschiedenen Vertretern der Kommunen, Verbände und Nutzergruppen, die in der Allerregion aktiv sind, mit dem Ziel, ein Renaturierungsprojekt für die Allerniederung von Celle bis Verden zu initiieren und fachlich zu begleiten. Ihre Zusammenarbeit wurde 2017 mit einer Kooperationsvereinbarung konsolidiert. Im Mai 2020 konnte dann eine Projektidee für ein Renaturierungsprojekt im Rahmen des Blauen Bandes Deutschland zunächst für die Allerniederung im Landkreis Verden offiziell beim Bundesamt für Naturschutz eingereicht werden, im Oktober 2020 wurden die Projektträger NABU und LK Verden aufgefordert, einen Projektantrag einzureichen. Zuvor ist bereits eine richtungsweisende Kooperationsvereinbarung zwischen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, dem LK Verden und dem NABU Bundesverband geschlossen worden, in der sich die Organisationen zur gemeinsamen Zusammenarbeit im angestrebten Projekt bekennen.

Mit viel ehrenamtlichem Engagement in den letzen Jahrzehnten, viel Langmut und manchen Rückschlägen wird nun hoffentlich der Wunsch der Naturschützer der ersten Stunde wahr, der Aller und ihrer Aue wieder ein naturnäheres  Gesicht zurückzugeben. 

Weitere Informationen sind unter https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/fluesse/aller/index.html abrufbar. 

Rolf Göbbert